Pflanzenfunde an der Rotach auf Friedrichshafener Gebiet

Wirtschaftsweg am Löwentalviadukt
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 29.07.2019

An der Auffahrt der B 31 zum Löwentalviadukt hat sich an der Böschung ein wilder Staudengarten entwickelt, weil am Steilhang das Mähen wohl sehr schwierig ist (und auch unnötig - bis auf einen gelegentlichen Brombeer-Rückschnitt).

Man findet - nach ca. 50 Jahren ungestörter Pflanzenansiedlung Wasserdost, Weideröschen, Goldrute, Springkraut, Steinklee, Blutweiderich, Flohkraut, Ackerdistel, Wilde Karde, Brombeere

u. v. m.

Eigentlich ein Paradies für Schmetterlinge - aber man sieht selbst bei besten Wetterbedingungen nur sehr wenige Exemplare.

Vielleicht wandern sie ja nach und nach ein, wenn man diesen Abschnitt noch einige Jahrzehnte in Ruhe lässt.



Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 27.07.2019
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 27.07.2019

Hat 50 Jahre Parkplatznutzung überlebt:

In einem Spalt zwischen Asphaltierung und Randstein auf dem ZF-Parkplatz fristet das Echte Leinkraut ein Schattendasein.

Die schönen zweifarbig gelben Lippenblüten werden vor allem von Hummeln angeflogen.

Als dieser Platz noch Streuobstwiese und Kuhweide war (bis ca. 1975), war diese alte Heilpflanze dort häufig anzutreffen und konnte Wuchshöhen bis zu 60 cm erreichen.

 

Solche alten einheimischen Pflanzen sind ein Garant für Artenvielfalt.

 

An der Böschung auf der anderen Seite des Randsteins wird mindestens 2 x im Jahr mit Maschinen gemäht. Dort wächst das Gemeine Leinkraut nicht mehr.

 

Wikipedia: Echtes Leinkraut

 

 



Wilde Karde neben Löwentalviadukt
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 29.07.2019

An den steilen Böschungen der B 31 an der Auffahrt zum Löwentalviadukt hat sich eine einzelne wilde Karde ein Plätzchen erkämpft.

 

Wikipedia: Wilde Karde

 

Dort kommen die Mähmaschinen nicht hin und so entwickelt sich am Steilhang an den trockenen Stellen eine Magerwiese.

 



Blutweiderich an der Rotach
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 27.07.2019

Hier hat sich der Blutweiderich ein extrem schönes Plätzchen ausgesucht gegenüber dem Mühlenbach der Rundelmühle.

 

So nah am Rotachufer hat er sicher schon einige kleinere Hochwässer überlebt.

 

Wikipedia: Blutweiderich

 

Aus dieser alten Heilpflanze gewann man früher Tinkturen, die aufgrund ihrer adstringierenden Wirkstoffe sogar bei Cholera halfen und vor Diabetes schützen können.

 



kleine Kolonie von Nachtkerzen neben Leitplanke
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 27.07.2019

Ein Platz, der sicher vor Mähmaschinen ist, nicht jedoch vor Vermüllung, Feinstaub und Gummiabrieb:

 

unterhalb der Leitplanke hat sich eine kleine Kolonie Nachtkerzen angesiedelt.

 

Wikipedia: Nachtkerze

 

Nachtkerzen öffnen ihre Blüten nur nachts und sind deshalb wertvolle Futterpflanzen für viele Schmetterlinge der Gattung "Schwärmer".

Nachtkerzen können bis zu 2 Meter hoch werden, hier an der heißen und trockenen Straßenböschung werden sie aber nur 40 cm hoch.

 



Auf dieser zartrosafarbenen Moschusmalve neben dem Kanalzufluss des Allmannsweiler Baches hatte sich ein kleiner, dunkler Dickkopffalter niedergelassen, aber er war zu schnell wieder weg, um ihn fotografieren oder bestimmen zu können.

Wenn sich Insekten auf den Blüten der Moschusmalve niederlassen, werden sie vom Pollenangebot über und über bepudert und fliegen weiss wieder weg.

 

Wikipedia: Moschus-Malve

 

Insgesamt ist die Moschus-Malve eine Bienenweide mit großer Anziehungskraft.

 



Acker-Kratzdistel am Allmannsweiler Bach
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 29.07.2019

Diese fast 2 m hohe Acker-Kratzdistel hatte das Mähen überstanden, weil sie im Schutz eines Weidengebüsches gewachsen war.

 

Ackerdisteln sind wichtige Nektarpflanzen für viele Insekten und selbst Vögel schätzen die reifen Samen.

Große Bestände von Ackerdisteln könnten dem Stieglitz (Distelfink) beim Überleben helfen. Der Stieglitz ist allgemein stark zurückgegangen und man sieht den früher sehr häufigen Vogel heute kaum noch.



Großer Bocksbart an der Rotach
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 13. Juli 2019

Gefunden nur wenige Meter neben der Rotach auf einer Trockenfläche:

 

der Große Bocksbart mit seinen schönen, strahlenförmigen Blüten.

In Deutschland tritt er nur selten auf, ist aber (noch) nicht gefährdet.

 

Wikipedia - Großer Bocksbart

 

 


Gespinst an Steinklee
Foto: Sanne Weber, Aufnahmedatum 29.07.2019

Etwa auf halber Höhe eines mannshohen Steinklees hing dieses feine Gespinst. Sorgfältig waren einige Blätter - in der Mitte eines unregelmäßigen Aussennetzes - zu einem Köcher verwoben, der innen tütenförmig und dicht ausgepolstert war. Für welches Insekt dieses ungewöhnliche Gebilde als Kinderstube dient, war nicht zu erkennen. Ein toter Käfer diente wohl als Proviantbeigabe einer fürsorglichen Insektenmutter.

 

Der mächtige Halm des Steinklees stand am äußersten Rand des Staudenfeldes und war wohl nur um Zentimeter dem letzten Mähvorgang entgangen.



Die gelbe Anemone tritt an den Friedrichshafener Rotachufern am Westufer beim Lidl auf (zusammen mit Veilchen, Schneeglöckchen und Scharbockskraut), an der rotachabgewandten Böschung beim Fisch-Meichle sowie in kleinen Beständen links und rechts des Westufer-Weges zwischen Schreienösch-Schule und Lindauer Straße.

 

Aber genau hier wurde vor kurzem der Weg frisch gekiest und

verbreitert, so dass über etliche Bestände darüber gekiest wurde.

 

Anfang  März 2020 blüht - etwas verfrüht - die gelbe Anemone (Anemone ranunculoides)

 

Wikipedia - gelbe Anemone

 

an der Rotach an verschiedenen Plätzen.

 

Ein Umweltbericht aus 2010 zum Bebauungsplan SO Einzelhandel Ravensburger Straße enthält folgenden Text:

 

Die gelbe Anemone kann für das Untersuchungsgebiet als Besonderheit angesprochen werden. Die Art gilt als typisch für lehmige, frische Böden, wie sie z. B. für Auwälder typisch sind und charakterisieren allgemein Überschwemmungsfächen. Im Naturraum Bodenseebecken ist die Art keine häufige Erscheinung und tritt im städtisch geprägten Bereich von Friedrichshafen insgesamt selten auf, so dass bei dem Bestand von einem Reliktstandort ausgegangen werden kann.

 

 

Die Reliktstandorte bestehen vielleicht schon seit der letzten Eiszeit und stellen auf dem Stadtgebiet eine erwähnenswerte Besonderheit dar, zumal die gelbe Anemone hohe Ansprüche an ihren Standort stellt und nicht so einfach verpflanzt oder ersetzt werden kann.

Sie sollte deshalb mit größter Sorgfalt behandelt werden.

 



Roter Zahntrost
Foto: Sanne Weber, 15.08.2020

Bei dieser fast violetten Pflanze mit den zartweissen Lippenblüten-Rispen zwischen Hornklee und Gräsern handelt es sich um den

 

roten  Zahntrost

 

Dieser Halbschmarotzer aus der Familie der Sommerwurzgewächse, zu denen auch der etwas bekanntere Augentrost gehört, halten hohe Gräser niedrig, indem sie an ihren Halmen saugen.

Sie gehören also zu einer gesunden, artenreichen Wiese, auf der sich viele Arten das Licht teilen und keiner den anderen überwuchert.

 

Solche Wiesen muss man - wenn überhaupt - nur einmal schonend im Oktober oder Anfang Juni mähen, um Verbuschung zu verhindern.

Dieses Exemplar fand sich im Entwässerungsgraben neben der B 31 am Löwentalviadukt.



Großes Flohkraut
Foto: Sanne Weber 15.08.2020

Die Bestimmung gelber Korbblütler kann schwierig sein.

Hier handelt es sich aber sicher um das

 

große Flohkraut

 

das gerne an steinigen Ufern und Grabenrändern wächst.

Verwechslungsmöglichkeit besteht aber mit Arnika und Wiesenalant.

 

An einem Ort an der Rotach gibt es hiervon ein beachtliches zusammenhängendes Vorkommen über etwa 50 - 100 m² hinweg, das sich erfolgreich gegen die invasive Goldrute behauptet.

Das Flohkraut dürfte an der Rotach einen Reliktstandort haben und sollte keinesfalls zur Unzeit gemäht werden, da es sich von der Sommermahd nur schwer erholt.

 

Ihm wird vielfältige Heilwirkung nachgesagt.

Auszüge der Pflanze helfen gegen Erreger von Cholera und Ruhr.

Tiere, die durch ein Flohkrautfeld gehen, sollen angeblich für eine gewisse Zeit von Zeckenbissen verschont bleiben. 



Bild vom 23.10.2021

schönste Herbstfarben bietet die Böschung an der hinteren Rundelwiese Ende Oktober.

Die fiedrigen hellen Samenstände der Waldrebe neben den roten Beeren der Eberesche (Vogelbeere) und den Schwarzen Beeren des Ligusters.

 



Bild vom 23.10.2021

 

Pilze sind in unseren übernutzten Wäldern und Fluren selten geworden.

Trotzdem wagt sich ein imposanter Tintling aus dem Gras der vorderen Rundelwiese empor.



Zwiebel-Zahnwurz an der Rotach, Foto vom 22.04.2022
Zwiebel-Zahnwurz an der Rotach, Foto vom 22.04.2022

Etwas südlich der Hans-Böckler-Straße, am ostseitigen Ufer gibt es ein kleines Feld, das die

 

Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine bulbifera)

 

besiedelt.

Die zarte Blüte zeigt sich früh, im April oder Mai.

Unverkennbares Merkmal: 

kleine schwarzviolette Brutknospen in den Blattachseln.

 

Solche Pflanzen reagieren äußerst empfindlich auf Veränderungen, denn die Brutknospen benötigen 3 - 4 Jahre, um zu keimen.

 

Die Zwiebel-Zahnwurz tritt nur in Mitteldeutschland häufiger auf, im Süden gilt sie als wenig verbreitet, deshalb sollte ihr singulärer Standort an der Rotach beachtet und geschützt werden.

 



Rainfarn an der Rotach, Foto vom 04.09.2021
Rainfarn an der Rotach, Foto vom 04.09.2021

Der Rainfarn ist eine heimische Pflanze, die von unzähligen Insekten besucht und benötigt wird.

 

Rainfarn (Tanacetum vulgare)

 

 

Bei einer Mahd im Juli werden diese Insekten in ihrer gesamten Entwicklung gestört und behindert.

 

Dieses Exemplar haben wir auf der vorderen Rundelwiese nahe der Flugplatzstraße entdeckt.



auf weitere Pflanzenfunde dürfen Sie gespannt sein